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2008 - 2009 : Die Geburtsstunde

 

Es begab sich eines schönen Tages anno 2007, daß ich mich in Gesellschaft einer integrativen Band namens „Gal-genhumor“ befand. Im Gemeindehaus des Diakonischen Werkes in der Maienstrasse zu Freiburg probten wir in einer notdürftig ausgebauten Mansarde. Die Band beschäftigte sich mit Stücken aus Rock, Pop und manchmal auch Ska. Mit der Zeit beschlich mich so ein Gefühl, daß ich erst gar nicht so richtig einordnen konnte. Aber bald wurde mir klar, daß es sicher Menschen mit Behinderung gibt, die vielleicht einen anderen Musikgeschmack und vor allem eine andere Lautstärke bevorzugen würden.


Ich sprach mit dem Leiter des ABC, Herrn Bee Gee und wir hatten die Idee, eine zweite Band zu gründen, die sich nach meinen Vorstellungen mit der Vielfalt der Musiken dieser Welt (WorldMusic) beschäftigen würde. Schnell waren ein paar Interessenten sowie ein wöchentlicher Probetermin gefunden und los ging's. Wir befassten uns mit einfachen und eingängigen Liedern aus dem Gospel sowie simplen Songs aus dem Popbereich. Sehr schnell wurde es eintönig und es wurde mir klar, daß da etwas passieren muss.

 

 

 

2009 – 2010 : Das „Baby“ lernt laufen

Die Rhythmik innerhalb der Lieder waren noch sehr geprägt von Schwankungen, die durch Ablenkung und „sich-darin-Verlieren“ entstanden sind. Das ist an und für sich gesehen gar nicht so schlimm, aber es besteht immer die Gefahr der Fixierung, sich mit einmal Gelerntem zufriedenzugeben. Wir begannen also mit dem strukturierten Erlernen von rhythmischen Formen und Zähl-zeiten; im Grunde griff ich auf Inhalte zurück, die ein angehender Student an einer Musikhochschule für seine Aufnahmeprüfung können sollte. Zu diesem Zeitpunkt bestand für Musiker mit Behinderung keine Chance, sich trotz Kenntnisse auf dem Instru-ment an einer Fachschule für Musik einschreiben lassen zu können.

Eine eigens angeschaffte Schultafel mit Notenliniensystem vereinfachte die Vermittlung der Kenntnisse. Es war und blieb auch eine ganze Zeitlang mühsam; ausgehend davon, daß die Teilnehmer nie zuvor mit diesen Inhalten in Berührung gekommen sind.

 

 

 

2010 – 2012 : „Flegeljahre“
 

Die Rhythmik wurde denn auch ein Schwerpunkt der Bandarbeit und das ist bis heute so geblieben. Dennoch war es anstren-gend, da jeder Teilnehmer nach kurzer Zeit seiner „eigenen“ Rhythmik nachging. Auch „uferten“ man-che Improvisationen etwas aus, weil nicht mehr zur Form zurückgefunden wurde. Durch die vertiefende Detailar-beit in den Stücken wurden die MusikerInnen jedoch von Mal zu Mal sicherer.




2011 – 2013 : Pubertät

 

Durch den Eintritt von Mascha als Sängerin in die Gruppe bekam die Band sofort eine ganz eigene Dynamik. Mascha hatte keinerlei Berührungsängste mit dem Publikum; sie brachte jedoch schon jahrelange Erfahrungen aus den „Jolly Jumpers“ mit. Das Publikum wurde natürlich zum Mitmachen aufgefordert; ein „Rausziehen“ gab es nicht für sie!! Daß sie oft die Formen nicht beachtet hat, tat der Sache keinen Abbruch.


Mit der Zeit zeigten sich bei den Teilnehmern zunehmend eigene Ideen und Vorstellungen, die sie in die Stückaus-wahl mit einbrachten. Insbesondere durch das Hinzukommen von Heinz hatten wir somit das erste „Sohn-Vater-Gespann“ in der Band. Durch seine lyrische und poetische Arbeit kamen wir mit der Vertonung von Texten in Berührung. Daraus entstand ein Blues, der auf Konzerten gerne gespielt wurde.


Der Sänger Amrit brachte nochmals eine weitere Variante der Gesangsarbeit in die Band ein. Durch seine Erfah-rungen im Gesangschor (mit Heinz) fanden nun Songs aus anderen Ländern und Gegenden statt (Irland, Afrika, Mantren). Die ersten Tendenzen zum Satzgesang wurden sichtbar.

 

Dennoch wurden wir als Band mit den Rahmenbedingungen, unter denen wir existierten., immer unzufriedener. Auftritte durch die Vermittlung unseres Trägers waren selten und wenn, erhielt die Band keine Gage für ihr Wirken. Unsere Partnerband „Galgenhumor“ war in dem Punkt bereits weiter, aber auch sie erhielten keine Gagen. Darauf-hin suchte ich das Gespräch mit Herrn Bee Gee, um diese Frage und meine „Entlohnung“ (umg. 2 € die Stunde) zu thematisieren. In mehreren Gesprächen war schlußendlich dann der Tenor, daß die Gagen für die betriebswirt-schaftlichen Ausgaben der Gruppe „verrechnet“ würden. Dazu gehören die Anschaffung der Anlage sowie Trans-port durch trägereigene Fahrzeuge. Man kann es auch so verstehen, daß wir eigentlich froh sein konnten, daß der Träger das so macht und wir entsprechend dankbar zu sein hätten.

Wir haben das jedoch anders wahrgenommen und gespürt, daß wir mit dieser Haltung nicht einverstanden sind. Nach weiteren erfolglosen Gesprächen entschieden wir, aus dem Trägerverein auszutreten und uns auf eigene Füße zu stellen. Das wird uns vom Träger noch heute sehr übelgenommen...

Durch verschiedene Probeorte kam zukünftig mehr Leben in die Band, aber die daraus entstehenden logistischen Anforderungen waren nicht zu unterschätzen. Musikalisch ging es mit den Moonwalkers jedoch aufwärts. Die Songs wurden schwieriger und die Teilnehmer hatten ganz schön was zu tun. Aber auch die Probenarbeit wurde anspruchsvoller; wir verblieben mehr Zeit in den einzelnen Stücken, um uns genau klarzumachen, worum es ging.

„Sechs, die raus aus der Nische wollen“ - so lautete der Titel eines Berichtes der Badischen Zeitung, die über un-sere Arbeitsweise einen größeren Bericht brachte. Das Klischee von integrativen Bands war zu der Zeit klatschen, etwas rumhampeln, möglichst einfach und ohne große Veränderungen. Dem wollten wir keinesfalls entsprechen und es ist bis heute ein Grundsatz des Bandleiters, keine „Rücksicht“ auf die jeweiligen Behinderungen zu neh-men. Natürlich nicht aus mangelnden sozialen Gesichtspunkten, sondern weil diese Musiker sich nicht auf ihre Behinderung reduzieren lassen wollen. Menschen mit einer Behinderung bekommen oft erst das Gefühl, behindert zu sein, wenn man sich ihnen gegenüber anders verhält. Ich meine, wenn man ohne Strategien aufrichtig aus dem Herzen spricht, kann das nicht als abwertend wahrgenommen werden, sondern als Ausdruck von Respekt, jeden Menschen gleich zu behandeln. Und wie bei „fitten“ Menschen auch gibt es natürlich ebenfalls Trotz und Wut - den heute oft strapazierten Grundsatz der Gleichstellung“ haben wir damals schon gelebt...

 

 

 

2013 – 2014 : Stress hoch 10

Ab dem Jahr 2014 wuchsen auch die Möglichkeiten der Band. Zum einen, weil weitere Musiker in die Band kamen, die uns sofort weitergeholfen haben. Durch die Hinzunahme von Drums und später weitere 2 Percussionisten än-derte sich der Sound der Band mehr in Richtung Funk und Rock. Die Auftritte wurden nicht nur zahlreicher, son-dern auch vom Niveau her stellenweise sehr gut.

Eine Kurzauswahl der besten Konzerte in den letzten 2 Jahren verdient es, hier genannt zu werden:

 

  • RP Freiburg und im Europaparlament Straßbourg zum Abschluß von „Certi-Rhin“ (deutsch-französisches Ausbildungsprojekt)

  • Benefiz-Konzerte für die Opfer der Brandkatastrophe in Titisee-Neustadt
    in der Stadtbücherei und in der Markthalle Freiburg

  • zu Gast auf dem Zeltmusikfestival (ZMF) Freiburg im Nachmittags-Hauptprogramm

  • „Kultur vom Rande“, Stadtfest in Reutlingen

  • „Freiburg stimmt ein“ zur Primetime im Stadtgarten Freiburg
     

Durch den Bandeintritt einer weiteren Sängerin, Theresa, ging's steil nach oben! Wir begannen, unsere und neue Songs mit 3-stimmigem-Satzgesang auszustatten. Das ist heute noch eine große Herausforderung, aber Theresa hat uns durch ihre Pro-fessionalität immer wieder auf den richtigen (Gesangs-)weg gebracht. Ein richtiges Juwel; ich habe so etwas in meiner langen Laufbahn noch nicht gehört. Auch das zweite „Sohn-Vater-Gespann“ mit Daniel und Mark „peppte“ uns nochmals in Richtung Rap und orchestrale Stimmung.

Beflügelt durch soviel neue Entwicklungen begann die Band 2014, zahlreiche Auftritte in kurzen Abständen wahr-zunehmen. Das war einerseits sehr spannend, weil die Gruppe dadurch viel Spielpraxis und Routine bekam. Auf der anderen Seite machten sich jedoch Abnutzungserscheinungen bemerkbar, die wir allerdings nicht sofort mitbe-kommen haben. Der Sound der Band wurde extrem laut und darunter litt auch die Qualität. Zugegeben; es machte auch Laune, aber die Streitigkeiten nahmen ebenfalls zu.
Nachdem wir eine Zeitlang im neuen Proberaum im Stühlinger zugebracht haben, wurde ich vollends unzufrieden. Wir mußten die Anlage jedesmal auf- und abbauen und bedingt durch eine Aussprachezeit zu Beginn einer Probe hatten wir gar nicht mehr so viel Zeit für Musik zur Verfügung. Auch die Qualität meines Coachings litt darunter. Ende 2014 kündigte der Vermieter – leider auch durch mein ungeschicktes Verhalten - uns den Raum und die Spannungen traten offen zu Tage. Weder Bandmitglieder noch ich sahen eine Möglichkeit der Annäherung und so beließen wir es erst einmal bei einer Pause.

 

 


2014 – 2015 : Wandelzeit

Nach einigen erfolglosen Versuchen beschlossen wir eines Abends, die bisherigen Diskussionen beiseite zu lassen und begannen uns wieder auf die Musik zu konzentrieren. Wir haben herausgefunden, daß wir zu einem Weg weg von der bisherigen Rock-schiene und mehr hin zu leiseren, aber energetischeren Stücken tendieren. Auch ist es in Zukunft wichtig, innerhalb eines Jahres mal eine kurze Pause – z. B. in der Urlaubszeit zu machen. In der Folge trafen wir uns wieder regelmäßig und auch die persön-liche Annäherung innerhalb der Gruppe trat wieder etwas zutage. Keiner von uns dachte an Konzerte; dennoch bekamen wir gerade jetzt Anfragen, die aber auch Qualität versprachen. Das war für uns ein Zeichen, daß wir die „richtige“ Richtung einge-schlagen haben.


 

 

2015 – heute : Es wird Zeit für Fördermittel … / Ausbildungskonzept

 

Gleichzeitig wurde uns aber auch bewußt, daß es jetzt Zeit wird, nach sovielen Jahren privaten Engagements – zeitlich und finanziell – daran zu denken, Fördermittel für den laufenden Betrieb sowie den Ausbau der Anlage voranzubringen. Natürlich hätten wir den Weg sovieler Initiativen einschlagen können: Einen Verein gründen und versuchen, über caritative Einrichtungen an Mittel zu gelangen. Dies fanden wir nicht den passenden Weg.


Wir setzen daher neben unserer Sponsoring-Aktivitäten auf einen wichtigen Termin Mitte Juli 2015 mit dem So-zialbürgermeister von Freiburg, Hr. Ulrich von Kirchbach. Hierbei sollen Möglichkeiten der Förderungen bespro-chen werden. Die Moonwalkers sind seit 6 ½ Jahren ein fester Bestandteil der Freiburger Musik- und integrativen Musikkultur. Nachdem â€žGalgenhumor“ ihre Aktivi-tären mittlerweile eingestellt haben, sind wir als einzige inte-grative WorldMusic-Band in Freiburg „on the scene“. Neben dieser Präsentation haben wir für die Zeit ab 2008 eine betriebswirtschaftliche Auswertung erstellt, die unser Engagement genauestens abbildet sowie ein Exposé aus Eltern- bzw. Teilnehmersicht.

Unser Ausbildungskonzept – für das wir 2009 gemeinsam mit „Galgenhumor“ den Gertraude-Ils-Preis verliehen bekommen haben – setzt insgesamt auf folgende Schwerpunkte:

 

  • permanente Rhythmikschulung durch „Microtiming“

  • Auswahl der Songs als Untergrenze der Anforderungen

  • Ausbau des 3-stimmigen Satzgesangs

  • Schaffen von professionellen Strukturen bei Auftritten (Ansagen, Kommentare..)

  • Komponieren von eigenen Songs
     


Nun sind die Moonwalkers beileibe nicht nur mit ihrer eigenen Entwicklung beschäftigt. Im Hinblick auf die bevor-stehende Flüchtlingsproblematik in Freiburg faßte die Band kürzlich den Entschluß, einen „Ableger“ als Experimen-talgruppe zu gründen, um Flüchtlingen aus den orientalischen Ländern (vorbehaltlich der Eignung durch Sozialar-beiter / Psychologen) die Möglichkeit zu geben, ihre landestypische Musik in einer Gruppe zu leben und auch die europäische Herangehensweise an Musik kennenzu-lernen. Wir möchten damit zu einer wirklich gelebten Inklu-sion – kulturell und sozial - innerhalb unserer Stadt beitragen. Damit das jedoch gelingen kann, benötigen wir nun finanzielle Unterstützung seitens von Sponsoren (welche es sich aufgrund ihrer Firmenphilosophie gut vorstellen können, damit in und an die Öffentlichkeit zu gehen), um

 

  • einen geeigneten Proberaum zu finden

  • unsere Anlage auszubauen

  • einen laufenden Zuschuß zu den Betriebskosten
    zu akquirieren

     

 

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